Die Mathematik hinter der Kunst

Publikationen

Joerg Arndt, Julia Handl: Puzzling Plane-filling Curves in Proceedings of Bridges Linz 2019: Mathematics, Music, Art, Architecture, Education

Joerg Arndt, Julia Handl: A search for plane-filling fractalmonster curves on the triangle-grid in Quartl (4/2018), 88. Ausgabe **

Joerg Arndt, Julia Handl: Plane-Filling Folding Curves on the Square Grid in Proceedings of Bridges Stockholm 2018: Mathematics, Music, Art, Architecture, Education, Culture, pp. 176-186, 2018

Joerg Arndt, Julia Handl: Plane-filling Curves on Grids in Proceedings of Bridges Jyväskylä 2016: Mathematics, Music, Art, Architecture, Education, Culture, pp. 537-540, 2016;

Julia Handl, Joerg Arndt: Fractal Plane-filling Curves in Jürgen Mottok, Marcus Reichenberger, Reinhard Stolle (Eds.), ARC Conference Proceedings, pp. 248-251, 2016;

Joerg Arndt: Plane filling curves on all uniform grids, 2016;

Für Interessierte

  • Gitterfüllende Kurven sind kein neues Forschungsgebiet, sie wurden bereits 1890 entdeckt. Bekannte Beispiele sind die Hilbert- und die Peano Kurve.

    Eine gitterfüllende Kurve füllt einen Teil des darunterliegenden Gitters vollständig aus. Bis 2013 waren allerdings nur ein paar der Monsterkurven veröffentlicht worden. Dann begann Jörg Arndt seine Suche nach Kurven einer ganz bestimmten Klasse – und war erfolgreich! Bis heute fand er über eine Million neuer fraktaler Objekte.

  • Lindenmayer Systeme wurden 1968 vom Biologen Aristid Lindenmayer eingeführt. Ursprünglich waren sie als theoretischer Rahmen beim Studium der Entwicklung einfacher, mehrzelliger Organismen gedacht.

    Um die Kurven in unserer Klasse darzustellen, benutzen wir sogenannte einfache L-Systeme, die nur ein nicht-konstantes Symbol besitzen. L-Systeme sind, deterministische Textersetzungs-Automaten. Im folgenden Beispiel wird der Buchstabe „F“ durch das Wort „F+F-F“ ersetzt (F ist das nicht-konstante Symbol). Sowohl „+“ als auch „-“ werden auf sich selbst abgebildet, da sie konstante Symbole sind. Jede Kurve hat eine bestimmte Ordnung, nämlich die Anzahl der Buchstaben F im Wort. In diesem Fall, „F+F-F“, ist die Ordnung also drei.

    Das Bild zeigt die Ersetzung des ersten „F“ - ein einfacher Strich - durch das Wort „F+F-F“. Die daraus entstehende Form, die ein wenig wie ein schiefes N aussieht, ist die erste Iteration des L-Systems. Für die nächste Iteration wird wieder jedes „F“ durch „F+F-F“ ersetzt, „+“ und „-“ bleiben unverändert.

    Das Rendern der Kurven wird durch Turtle-Graphics umgesetzt. Stellt euch vor, ihr habt eine sehr geduldige Schildkröte, die für euch Linien zeichnet. Ihr setzt euch auf ihren Rücken und müsst ihr nur sagen, wie gezeichnet werden soll. Der Buchstabe „F“ bedeutet „male eine Linie in Einheitslänge in die aktuelle Richtung“. Da das unterliegende Gitter aus Dreiecken besteht, werden „+“ und „-“ als Drehungen um plus, oder minus 120° interpretiert. Auf anderen Gittern sind Drehungen um 90°, 60° und 120° möglich. Die resultierende Kurve in unserem Beispiel ist der altbekannte Terdragon, entdeckt von Davis und Knuth im Jahre 1970 [5].

  • Wie bereits oben erwähnt, leben die Kurven auf bestimmten Gittern. Bei der Hilbert- oder der Peano-Kurve sieht man bereits, dass sie über ein quadratisches Gitter laufen. Die Gitterfüllenden Kurven unserer Klasse können nur auf Gittern existieren, die an jedem Punkt eine gerade Anzahl von sich treffenden Linien aufweisen. Dies ist beispielsweise beim Dreieckgitter, dem Viereckgitter und dem trihexagonalen Gitter (aus Dreiecken und Sechsecken) der Fall. Ein Gitter, das ausschließlich aus Sechsecken besteht, erfüllt diese Bedingung nicht, da sich hier drei Kanten an jedem Punkt treffen. Die Gitter, die wir betrachten sind die elf sogenannten uniformen Gitter. Diese beinhalten das Dreiecksgitter, das Vierecksgitter, das hexagonale und das trihexagonale Gitter. Als Symbol für das jeweilige Gitter werden die Polygone um einen Punkt herum benannt. Die Aufzählung wird mit dem Polygon mit der kleinsten Anzahl an Ecken begonnen [6]. Das Viereckgitter würde also das Symbol 4^4 bekommen, da sich an jedem Punkt vier Vierecke treffen. Beim trihexagonale Gitter treffen an jedem Punkt zwei Dreiecke und zwei Sechsecke abwechselnd aufeinander, deshalb wird es durch das Symbol 3.6.3.6 beschrieben.

  • Die Kurven unserer Suche sind selbstvermeidend und kantenabdeckend (englisch edge-covering, kurz „ec“). Das bedeutet, sie überschneiden sich niemals selbst und durchlaufen jede Kante des darunterliegenden Gitters genau einmal. Die Punkte des Gitters werden allerdings mehrfach abgefahren.

    Es existieren auch punktabdeckende Kurven (englisch point-covering, kurz „pc“), also Kurven, die jeden Punkt des darunterliegenden Gitters genau einmal abdecken. Diese können durch bestimmte Transformation aus den kantenabdeckenden EC-Kurven gebildet werden. Die Regeln für die Transformationen, die aus unseren EC-Kurven, PC-Kurven machen, findet ihr in den oben verlinkten Papers. In der Grafik rechts seht ihr eine EC-Kurve, die auf dem Dreieckgitter lebt und in zwei PC-Kurven transformiert wurde: In eine 3.6.3.6 PC-Kurve und eine PC-Kurve auf dem Sechseckgitter.

    Jede Kurve hat zwei zugehörige Kachelungen (englisch tiling). Jeweils drei Kopien dieser Kurve der Ordnung 13 können zu einer Schneeflocke zusammengelegt werden. Die andere Kachelung besteht ebenfalls aus drei Kopien der Kurve und ähnelt einem Dreieck.

    Eine weitere Eigenschaft der Kurven ist ihre Selbstähnlichkeit. Die Grafik zeigt, wie eine Kurve, ebenfalls der Ordnung 13, die auf dem Viereckgitter lebt, in 13 kleinere, gedrehte Kopien ihrer selbst unterteilt werden kann.

* The Bridges Organization oversees the annual Bridges conference on mathematical connections in art, music, architecture, education, and culture. Since 1998, Bridges has traveled to North America, Europe, and Asia, and has attracted participants from over thirty countries. The conference features invited speakers, full and short paper presentations, educational workshops, a juried art exhibition, and arts performance events.

** Das Quartl ist das offizielle Mitteilungsblatt des Kompetenznetzwerks für Technisch-Wissenschaftliches Hoch- und Höchstleistungsrechnen in Bayern (KONWIHR) und der Bavarian Graduate School of Computational Engineering(BGCE).